Gedichte zu den vier Jahreszeiten aus längst vergangener Zeit: 2. Sommergedichte
Sommermorgen
.............................
von Marie von Ebner-Eschenbach
(1830-1916)
Auf Bergeshöhen schneebedeckt,
auf grünen Hügeln weit gestreckt
erglänzt die Morgensonne;
die tauerfrischten Zweige hebt
der junge Buchenwald und bebt
und bebt in Daseinswonne.
Es stürzt in ungestümer Lust
herab aus dunkler Felsenbrust
der Gießbach mit Getose,
und blühend Leben weckt sein Hauch
im stolzen Baum, im niedren Strauch,
in jedem zarten Moose.
Und drüben wo die Wiese liegt,
im Blütenschmuck, da schwirrt und fliegt
der Mücken Schwarm und Immen.
Wie sich's im hohen Grase regt
und froh geschäftig sich bewegt,
und summt mit feinen Stimmen.
Es steigt die junge Lerche frei
empor gleich einem Jubelschrei
im Wirbel ihrer Lieder.
im nahen Holz der Kuckuck ruft,
die Amsel segelt durch die Luft
auf goldenem Gefieder.
O Welt voll Glanz und Sonnenschein,
o rastlos Werden, holdes Sein,
o höchsten Reichtums Fülle!
und dennoch, ach - vergänglich nur
und todgeweiht, und die Natur
ist Schmerz in Schönheitshülle.
Im See
.....................
von Adolf Holst (1867 - 1945)
Heute ist das Wasser warm,
heute kann´s nicht schaden,
schnell hinunter an den See,
heute geh´n wir baden.
Eins-zwei-drei- die Hosen aus,
Stiefel, Wams und Wäsche,
und dann schnell ins Wasser rein,
grade wie die Frösche.
Und der schönste Sonnenschein
brennt uns nach dem Bade
Brust und Buckel knusperbraun,
braun wie Schokolade.
Ein grünes Blatt
..............................
von Theodor Sturm (1817-1888)
Ein Blatt aus sommerlichen Tagen,
ich nahm es so im Wandern mit,
auf dass es einst mir möge sagen,
wie laut die Nachtigall geschlagen,
wie grün der Wald, den ich durchschritt.
Der Sommerfaden
.................................
von Ludwig Uhland (1787-1847)
Da fliegt, als wir im Felde gehen,
ein Sommerfaden über Land,
ein leicht und licht Gespinst der Feen,
und knüpft von mir zu ihr ein Band.
Ich nehm' ihn für ein günstig Zeichen,
ein Zeichen, wie die Lieb' es braucht.
O Hoffnungen der Hoffnungsreichen,
aus Duft gewebt, von Luft zerhaucht!
Sommerlied
........................
von Emanuel Geibel (1815-1884)
O Sommerfrühe blau und hold!
Es trieft der Wald von Sonnengold,
in Blumen steht die Wiese;
die Rosen blühen rot und weiß
und durch die Felder wandelt leis'
ein Hauch vom Paradiese.
Die ganze Welt ist Glanz und Freud,
und bist du jung, so liebe heut
und Rosen brich mit Wonnen!
und wardst du alt, vergiss der Pein
und lerne dich am Wiederschein
des Glücks der Jugendsonnen.
Guter Rat
....................
von Theodor Fontane (1819-1898)
An einem Sommermorgen
da nimm den Wanderstab,
es fallen deine Sorgen
wie Nebel von dir ab.
Des Himmels heitere Bläue
lacht dir ins Herz hinein,
und schließt, wie Gottes Treue,
mit seinem Dach dich ein.
Rings Blüten nur und Triebe
und Halme von Segen schwer,
dir ist, als zöge die Liebe
des Weges nebenher.
So heimisch alles klinget
als wir im Vaterhaus,
und über die Lerchen schwinget
die Seele sich hinaus.
Im Sommer
......................
von Wilhelm Busch (1832-1908)
In Sommerbäder
reist jetzt ein jeder
und lebt famos.
Der arme Dokter,
zu Hause hockt er
patientenlos.
Von Winterszenen,
von schrecklich schönen,
träumt sein Gemüt,
wenn, Dank der Götter,
bei Hundewetter
sein Weizen blüht.
Die Sommerlaube
..................................
von Johann Peter Uz (1720-1796)
Die Laube prangt mit jungem Grün:
es tönen ihre dunkeln Buchen
von Vögeln, die voll Wollust glühn,
von Frühlingstrieben glühn und Scherz und Schatten suchen.
Soll, was der Wahn Geschäfte nennt,
uns um so schöne Zeit betrügen?
Freund! wer des Lebens Kürze kennt,
der legt es klüger an und braucht es zum Vergnügen.
Genieß den feuervollen Wein:
Beim Weine herrscht vertraulich Scherzen.
Oft labet Amor sich mit ein,
und sein verborgner Pfeil schleicht in die offnen Herzen.
Der schlaue Gott ist niemals weit;
ich wittre seine sanften Triebe:
Denn grüner Lauben Dunkelheit
ist für den Weingott schön, noch schöner für die Liebe.
Geliebte Schatten! Weicher Klee!
Ach wäre Galathee zugegen!
Ach sollt ich, holde Galathee,
um deinen weißen Hals die Arme brünstig legen!
Wo süßer Lippen Rosen blühn,
wer kann sie sehn und nicht verlangen?
Die jugendlichen Küsse fliehn
bei welkem Reiz vorbei und suchen frische Wangen.
Ein leblos Auge rührt mich nicht;
kein blödes Kind wird mich gewinnen,
das reizt, solang der Mund nicht spricht,
und eine Venus ist, doch ohne Charitinnen.
Gewitter
.................
von Hermann Löns (1866-1914)
Großmutter Natur im Lehnstuhl sitzt -
wie langeweilig ist es heute,
sie gähnt, ganz unerträglich sind sie heute,
die sonst so lustigen Leute:
Die Bäume brummen so geistlos und fad,
die Bächlein schwatzen so weise,
der Wind ist erkältet und stark verschnupft -
die Großmutter lächelt leise.
Das Lächeln flackert als rotes Licht
am Himmelsrande empor -
dem Winde fällt etwas Lustiges ein,
er sagt es den Bäumen ins Ohr,
die Bäume nicken verständnisvoll,
erzählen dem Bächlein es weiter,
das Bächlein prustet laut lachend los -
die Großmama wird jetzt heiter.
Großmutter ein uraltes Witzchen erzählt -
ein Blitzschlag fährt herunter!
Großmütterchen kichert - der Donner rollt!
Die Tafelrunde wird munter -
es toasten die Bäume, der Bach wird berauscht,
der Wind ist vollkommen bezecht,
Großmütterchen witzelt und kichert wie toll -
so ist ihr die Tischstimmung recht.
Libellentanz
........................
von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Wir Libellen
hüpfen in die Kreuz und Quer,
auf den Quellen
und den Bächen hin und her.
Schwirrend schweben
wir dahin im Sonnenglanz:
Unser Leben
ist ein einz'ger Reigentanz.
Wir ernähren
uns am Strahl des Sonnenlichts,
und begehren,
wünschen, hoffen weiter nichts
Mit dem Morgen
traten wir ins Leben ein;
ohne Sorgen
schlafen wir am Abend ein.
Heute flirren
wir in Freud' und Sonnenglanz;
morgen schwirren
andre hier im Reigentanz.
Am fließenden Wasser
..........................................
von Gottfried Keller (1819 - 1890)
Hell im Silberlichte flimmernd
zieht und singt des Baches Welle,
goldengrün und tiefblau schimmernd
küsst sie flüchtig die Libelle;
und ein drittes kommt dazu,
eine Blüte hergeschwommen:
Alle haben drauf im Nu
heitern Abschied schon genommen.
Und die Esche beugt sich drüber,
schaut in Ruh das holde Treiben,
denkt: Ihr Lieben, zieht vorüber,
ich will grünen hier und bleiben!
Und unterm Eschenbaum:
Was soll denn mit mir geschehen
in dem reizend leichten Traum?
Soll ich bleiben? Soll ich gehen?
Ferien
..............
(Autor unbekannt)
Hurra, hurra!
Nun sind die Ferien da!
Ade, du Schulhausbank,
nun geht es frei und frank
die schöne Welt entlang
zum fernen Meeresstrande,
zu des Gebirges Rande,
zum Onkel auf dem Lande!
Hurra, hurra!
Nun sind die Ferien da!
Sommer
................
von Rainer Maria Rilke (1875-1926)
Sommer: für etliche Tage
Begleiter der Rosen zu sein;
was um erblühende Seelen
weht, das atmen wir ein.
Sehen in jeder, die stirbt,
eine Vertraute,
entschwundene Schwester, die wir
unter anderen Rosen überdauern.
Hochsommer
.......................
von Hermann von Lingg (1820-1905)
O Frühling, holder fahrender Schüler,
wo zogst du hin? Die Linden blühn,
die Nächte werden stiller, schwüler,
und dichter schwillt das dunkle Grün.
Doch ach! die schönen Stunden fehlen,
wo jedes Leben überquoll,
wo trunken alle Schöpfungsseelen
ins Blaue schwärmten wollustvoll.
Nicht singt mehr, wie am Maienfeste,
die Nachtigall, die Rosenbraut;
sie fliegt zum tief verborgnen Neste
mit mütterlich besorgtem Laut.
Der goldne längste Tag ist nieder,
der Himmel voll Gewitter glüht;
verklungen sind die ersten Lieder,
die schönsten Blumen sind verblüht.
Schmetterlinge
........................
von Friedrich Hebbel
Auf einer Blume, rot und brennend, saß
ein Schmetterling, der ihren Honig sog,
und sich in seiner Wollust so vergaß,
dass er vor mir nicht einmal weiterflog.
Ich wollte sehn, wie süß die Blume war,
und brach sie ab: er blieb an seinem Ort;
ich flocht sie der Geliebten in das Haar:
Er sog, wie aufgelöst in Wonne, fort!
Der Schmetterling
....................................
von Wilhelm Busch
Sie war ein Blümlein hübsch und fein,
hell aufgeblüht im Sonnenschein.
Er war ein junger Schmetterling,
der selig an der Blume hing.
Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm
und nascht und säuselt da herum.
Oft kroch ein Käfer kribbelkrab
am hübschen Blümlein auf und ab.
Ach Gott, wie das dem Schmetterling
so schmerzlich durch die Seele ging.
Doch was am meisten ihn entsetzt,
das Allerschlimmste kam zuletzt:
Ein alter Esel fraß die ganze
von ihm so heiß geliebte Pflanze.
Hier finden Sie Herbstgedichte aus längst vergangener Zeit!